Es fehlen die Worte für diese Stadt, das Alter der Stadt liegt in der Luft. Sie sollte die älteste Stadt der ganzen Welt sein, die ununterbrochen bewohnt wird und wurde. Häuser denen das Mittelalter ins Gesicht geschrieben steht und neuere Betonbauten, die aus diesen Tagen stammen.
Sie ist die Stadt von Shiva, einem Gott des Hinduismus.
Von tiefer Religion ist nicht viel zu spüren, lamentiert ein Ladenbesitzer, überall rennen einem Leute nach, die einem was verkaufen wollen. Der Reichtum ist gering, es fehlt an vielen Ecken. Der Ärger über Personen, die einem nicht in Ruhe lassen und einen überhöhten Preis nennen, ist mit indischer Gleichmut zu ertragen.
Es ist Laut, es ist eine Welt der Männer, fast keine Frauen in den Tempelanlagen. Es ist eine Welt, in der sich der Stärkste durchsetzen muss. Als Tourist ist man eine "andere Qualität" von Mensch, wie mir ein Inder sagt. Stimmt ja auch, Kreditkarte und Krankenversicherung mit Zurückholoption hat fast keiner, den ich auf der Straße sehe. Bettelnde Frauen und Kinder die einem Blumenbestecke verkaufen wollen, es ist ein Drahtseilakt, denn auf der einen Seite wird durch die Spende oder Gabe ein solches "Bettlerdasein" finanziert und auf der anderen Seite sehen die Menschen noch weniger Sinn ihre Kinder in eine Schule zu schicken, weil sie auf der Straße überleben können. Mit umgerechnet 17 Cent kann man dem Club der Straßensamariter beitreten, soviel gebe ich, manchmal auch weniger oder mehr.
Menschen mit Kopftumoren, anderen Krankheiten und sonstigen Leiden sind an der Tagesordnung. Hunde mit klaffend offenen Wunden begegnen einem, in Europa hätten diese wohl den Gnadenakt gefunden.
In Indien ist aber jedes Leben heilig, deshalb wird das Leben auch geehrt und nicht getötet.
Wohin ich auch gehe, ich bin Europäer und die Distanz zwischen den Menschen aus Indien und Europa scheint sehr groß zu sein.
Doch es sind meist schöne Momente. Einmal hat mich ein Ladenbesitzer zu einem Konzert eingeladen, klassische indische Musik, es war wunderbar. Am besten Ihr seht Euch dazu das Video von Pandit Anindo Chaterjee an, den habe ich gesehen, zusammen mit seinem Sohn.
Indische Musik richtet sich nicht genau an Noten, es gibt jedoch verschiedene Themen, in meiner Erfahrung war es der Ganges, dessen Lauf von Quelle bis zur Mündung begleitet wurde. Die Musiker drücken dabei die Musik in ihrer Form aus. Musik wird auch als ewiger Ausdruck des Wortes "OM" betrachtet, es gibt keinen Anfang und kein Ende.
Der Ganges an sich ist ein dreckiger Fluss, die Inder haben keine so starke Trennung zwischen Natur und Kultur, wie wir in Europa, deshalb kann der Fluss auch nicht verunreinigt sein, denn er ist nach wie vor Natur. Weggeworfener Müll ist auch nicht so schlimm, denn es ist ja sobald er am Boden liegt Natur. Wer die Natur nicht erträgt, weil er krank wird, hat es wohl nicht zu überleben. Ein Umweltbewusstsein aufgrund negativer Umweltauswirkungen ist unter der indischen Durchschnittsbevölkerung nicht existent. Manch einer denkt anders, doch wie die mehr erfolglose Initiative des Staates zeigt, ist die Lage eher hoffnungslos.
Im Ganges finden sich deshalb manch interessante Dinge, wie tote Tiere jeglicher Art, teil verbrannte Leichen, andere Leichen die vom Grund des Ganges stammen ( kleine Kinder, Saddhus, schwangere Frauen und Giftschlangen-Verunglückte werden nicht verbrannt, weil sie heilig sind und deshalb die Sünden nicht verbrannt werden müssen).
Nach der Abreise merke ich, wie stark diese Stadt an einem nagt, überall ist Krankheit und Verfall. Ich denke, ohne einen starken Glauben an Gott, kann man nicht überleben, geschweige denn im Ganges baden und sich die Zähne putzen.
Dienstag, 16. März 2010
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